Mittwoch, 21. September 2016

Safari Njema zurück im Heimathafen



Ein technischer Defekt am Kran der Werft schenkt uns eine letzte Nacht am Anker in der Loire -
Stromschnellen und bis 6 Knoten Strom inbegriffen - es gibt lauschigere Ankerplätze 

Was vor 13 Jahren mit einer wilden Idee und romantischen Vorstellungen begann, ist heute erlebter Traum: Einmal segelnd - frei und ungebunden - auf eigenem Kiel, energietechnisch selbsttragend, den Spuren Kolumbus‘ zu folgen und fremde Länder am anderen Ende des Meeres zu entdecken.

Damals lebten wir im Alltag zuhause in der Schweiz – berufliche und andere Herausforderungen des Lebens standen im Vordergrund und waren uns wichtig. Ohne finanzielle Mittel ist kein solcher Traum realistisch und nur mit Erfahrung als Süsswasserpirat wurden noch nie neue Kontinente entdeckt. Also folgten vorerst Sparkässeli Jahre und die solide Grundausbildungen mit Hochsee Schein und Weiterbildungen in Wetterkunde, Funk, Medizin an Bord und für Sven Astronavigation und Amateurfunk. Die obligatorischen 1000+ Seemeilen für den Schweizerischen Hochsee Schein absolvierten wir während Ferientörns unter Ausbildungsskippern und der Traum reifte immer weiter …

2009 fassten wir uns ein Herz und begannen mit der Suche nach unserem Traumschiff. Safari Njema fanden wir im März 2010. Nervös und unsicher waren wir vor unserem ersten Schiffskauf. Würden sich unsere romantischen Vorstellungen mit der Realität decken? Hielt das Schiff den Versprechungen auf dem Papier stand? Welche versteckten Mängel  könnten wir übersehen und das Schiff finanziell zu einem Fass ohne Boden werden lassen? Wir wagten es und haben den Ankauf von Safari Njema nie bereut.

Mit Unterstützung der Arbeitgeber wurde das unbedingt wichtige Kennenlernen des Schiffs mit seinen Eigenheiten möglich. Zweimal sammelten wir wertvolle Erfahrungen auf den dreimonatigen Sommerreisen entlang den Atlantik und Ostseeküsten Europas. Nebst interessanten Reisen auf historischen Wasserwegen, erlebten wir unser Boot in lauen und rauen Wetterbedingungen und bauten unsere navigatorischen Kenntnisse Meile für Meile aus – und ich die Seekrankheit ab. 
Bordsysteme wie Elektronik, Maschinenantrieb, Ruderanlage, Sicherheitsausrüstung, Ankereinrichtung, Energieversorgung, sanitäre Anlage, Gasinstallationen, Heizung konnten wir während den dreimonatigen Törns im Alltag auf den Zahn fühlen, überprüfen und um- oder ausbauen. Unsere Kenntnisse in der Bootswartung und Pflege haben wir dabei gründlich erlangt. Die Segelgarderobe wurde ergänzt, das Rigg neu verstagt, Windpilot montiert und Wassermacher eingebaut – Safari Njema blühte zum eigentlichen Blauwasser Schiff auf.

Das Schiff ist parat – und wir? Im Frühjahr 2014 fassten wir uns ein Herz, gaben unser Zuhause und unsere Anstellungen auf, liessen viele lieben Menschen zurück und tauchten ein in unseren Traum auf den Weg über den Atlantik und zurück.  Die Details ab dann kennt Ihr vom Blog.

Zwei Atlantik Überquerungen, drei Bermuda Dreieck Durchkreuzungen und viele Inselhüpfer später kehren wir mit einem vollen Gefühlsrucksack, wohlbehalten, gesund und zusammen zurück. Rund 22 000 Seemeilen sind gesegelt.

Abenteuer, Freiheit, innigste Momente puren Lebens, wunderschöne Ecken dieser Welt, durchwegs schöne Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen durften wir erleben. Der atlantische Ozean lernte uns das Fürchten und Beten, forderte unseren Mut und Ehrgeiz, zeigte seine unendliche Weite, Kraft und urchige Schönheit. Demut und Respekt vor der See sind gewachsen, unsere Salzbuckel gezeichnet.

Safari Njema – unser Schiff, unser Traum, unser Zuhause, unsere sichere und geborgenheitsspendene Nussschale in allen Gezeiten hat ihre Stärke, Stabilität und Eigenschaft als leicht segelnde Stahlyacht gezeigt.

Wir danken für das Erlebte und wir danken Euch Lieben, die Ihr uns unterstützt in unseren Leben und während unserer Abwesenheit in der Schweiz.

Ich danke Sven - meinem Lebenspartner und bestem Freund - dem Kapitän unserer Schiffes Safari Njema für den Segeltörn meines Lebens.

                                                                                                                             Die Blogerin Gerda



Letzte Impressionen von der Bretagne und vom  letzten Segeltag zurück in die Loire nach Paimboeuf:

Nach alter Tradition: Zurück von grosser Fahrt
werden die Flaggen der besuchten Länder gehisst.
Kapitän und Navigator, verantwortlich für alles technisches
Wissen und 
handwerkliche Können an Bord,
Chef de Café, der Mann, der die Ruhe behält

wenn's brenzlig wird
Co-Skipper und Seglerin mit Herzblut,
verantwortlich für Optimismus und Wohlbefinden
an Bord, Kommunikation, Routenplanung,
 und Düsenantrieb für alle Projekte


















-Ende Blog-

Donnerstag, 15. September 2016

Es geht dem Ende entgegen!

Meersalz Gewinnung auf Île Noirmoutier
Für die letzten Etappen unseres langen Segeltörns sind wir zwar mit viel Sonne, jedoch mit wenig vorteilhaften Winden gesegnet. Oft herrscht Flaute. So segeln, oder treffender geschrieben, meist motoren wir auf direktem Weg langsam dem Heimathafen entgegen. Anstatt wie geplant nochmals einige schöne Örtchen der Südbretagne zu besuchen, bleiben wir länger als gedacht in den Häfen liegen und verbringen dafür mehr Zeit auf dem Land mit Ausflügen und Unterhaltsarbeiten am Schiff.

Die Hafenfische lieben Safari Njemas weitgereisten Bewuchs am Rumpf -
Ein Werftaufenthalt steht definitiv an!
Eine Stadt im Segelfieber
Ein nigelnager neuer Lagoon Katamaran wird zu Wasser gelassen -
 die meisten grossen Werften Frankreichs sind in les Sables d'Olonne stationiert
Mit Les Sables d’Olonne besuchen wir ein grosses Seglermekka und damit den Startpunkt der legendären Regatta Vendee Globe, welche nur alle 4 Jahre stattfindet und dieses Jahr am 6. November 2016 startet. 29  Teilnehmer starten zum härtesten Einhandsegel Rennen der Welt: Eine Weltumrundung auf dem kürzesten Weg oder anders beschrieben einmal um die Antarktis und zurück. Es gilt, den Rekord von 78 Tagen zu schlagen – alleine durch die kältesten und rausten Gewässer zu segeln – sich und das Boot haushohen Wellen, Sturmwinden, eisigem Wasser, Schlaflosigkeit, Technischen Problemen und dem Überlebenskampf  zu stellen.
Mindestens zwei Nummern zu gross für uns!,Doch die Faszination und den Respekt vor dem Können, der Willenskraft und dem Mut dieser Segler zollen wir ihnen nach unseren Hochsee Erfahrungen heute noch mehr als vor einigen Jahren.

Mehr coole Bilder, Videos und Infos über Vendee Globe: www.vendeeglobe.org

Bereits stehen einige dieser Rennschiffe im Hafen, einen Teilnehmer haben wir ja schon mitten auf dem Atlantischen Ozean angetroffen und ganz Sables d’Olonne ist schon im Regattafieber



Begegnung auf hoher See mit PRB auf Probefahrt
Wir kehren nach Île d’Yeu zurück. Vor über zwei Jahren starteten wir hier für die Passage über die Biskaya Bucht nach Spanien. Viele Erinnerungen kommen hoch – wie war die Spannung gross als wir letztmals hier waren!

Aussicht auf die Biskaya
das alte Schloss von Île d'Yeu

Auf der Île Noirmoutier überraschen uns Svens Eltern mit einem Besuch! Während den gemeinsamen Tagen bleibt viel Zeit zum Erzählen und natürlich auch für eine 2tägige Ausfahrt hinüber zur Insel Yeu und zurück.





Schloss von Pornic
In Pornic kehren wir an den Startpunkt unseres Lebenstraumes zurück. Hier treffen wir Marc, den Schiffsmakler wieder. Vor 6½  Jahren hat er uns Safari Njema vermittelt und haben wir die erste Nacht in dieser wunderschönen Gegend Frankreichs verbracht, ganz nervös vor der Erstbesichtigung unseres potentiellen Segelschiffes. Heute treffen wir Marc, um Safari Njemas Verkauf zu besprechen.

Tide Hafen in Pornic
Küstenwanderung ab Pornic
Zurück in Pornichet der letzten Marina vor dem Werftaufenthalt kehren wir zurück zu altbekannten Cafés und zur Boulangerie mit den besten Pain au Chocolats. Hier unternehmen wir die letzten Vorbereitungen im Wasser für die Auswasserung Safari Njemas  - Oelwechsel, Wassertanks spülen, Dieseltanks füllen und Adieu sagen. Am Samstag geht’s zurück nach Paimboeuf – zu Olivier und Catherine auf das Trockendock – zum Dornröschenschlaf für Safari Njema ...

Bald auf letzter Fahrt - Safari Njema unser tolles Segelschiff


Sonntag, 28. August 2016

Leben mit den Gezeiten - maritimes Frankreich im Hochsommer


Der natürliche Rhythmus - Flut und Ebbe - geben uns den Takt an für das Segeln an der Atlantikküste Frankreichs.  Die Gezeiten bringen extra Fisch- und Muschelbestände in die Gegend, haben das Handwerk der Fischerei bestimmt und ermöglichen seit Jahrhunderten das Ernten von Meersalz - Fleur du Sel - historisch gesehen eines der wichtigsten Exportgüter.
Häfen bleiben während den Ebbzeiten mit Schleusentoren verschlossen, Einfahrten zur Marina liegen nach ablaufendem Wasser bis zur nächsten kommenden Flut trocken. Das ewige Kommen und Gehen des Wassers bringt starke Gezeitenströme mit sich und beschleunigt unser Segeln oder würde uns bremsen bis stoppen, wenn wir dagegen anlaufen wollen. Der Naturpuls hat etwas Beruhigendes, Klärendes, was uns Menschen gut tut. Sicher auch deshalb zieht die Atlantikküste viele Feriengäste an. Auch wir sind immer noch fasziniert von diesem charakterstarken Meer - dem Atlantik.
warten auf die Flut ...
traditionelles Fischen
Austern Farmen auf den Inseln Re und Oleron -
frisches nahrungsreiches Wasser alle 12 Stunden gesichert
Kap und Leuchtturm Chassiron - offensichtlich, weshalb wir im weiten Bogen um  dieses untiefe Kap herumsegelten
- mit 5 kmh extra Fahrt durch Gezeitenstrom - Jippieyeah!

Das hochsommerliche Wetter verwöhnt uns. Wir geniessen gemütliche Segeltage - der Atlantik macht auch Sommerferien und scheint zu ruhen - und weite Velotouren durch Weingebiete, über die Inseln Oleron und Re. In La Rochelle lassen wir uns von der alten Stadt bezaubern und fühlen uns deren Geschichte nahe. Von La Rochelle wanderten die meisten Abenteurer in die neue Welt nach Französich Kanada, Louisiana und New Orleans aus. Die Stadt Türme von La Rochelle waren oft der letzte Blick zurück auf die alte Welt. Ein tolles Gefühl in solch geschichtsträchtige Häfen auf eigenem Kiel einzulaufen.

Auf der Route du Vin in Médoc


Hafeneinfahrt La Rochelle
Interessante Besuche und Aussichten von den Stadtschutz Türmen von La Rochelle
 
Samstag Markt in La Rochelle


Badehäuschen an den ewig langen Sandstränden von Oleron und Re
ländliches Frankreich in Sommerpause



Darf nicht fehlen: morgendlicher Spaziergang zur Boulangerie



Saint Martin de Re - im historischen Schleusenhafen
Île de Re - Phare Les Baleines
Bassin zur Salzgewinnung


tolle Fahrradrouten wie hier durch das historische Stadttor von Saint Martin de Re
Wir blicken immer wieder zurück auf unsere gelungene Atlantikrundreise. Wir sind dankbar dass wir gesund zweimal den Atlantik queren durften - uns der Ocean wie das Wetter gnädig gesonnen waren und wir dieses Leben auf See so intensiv, urchig schön und dazu noch heil erfahren durften. Ja, es beschäftigen uns schon viele Gedanken an das Ende unserer Reise, gleichzeitig sind wir schon stark mit dem kommenden Neustart in der Schweiz beschäftigt. Doch vorerst bleiben noch ein paar wenige Wochen, um unsere Safari Njema zu geniessen, denn der Abschied naht. Wir haben uns schweren Herzens entschlossen, Safari Njema zu verkaufen. So verbringen wir auch viel Zeit, Unterhaltsarbeiten zu erledigen, um unserem Schiff noch vor dem Winterschlaf viel Gutes zu tun und gleichzeitig ein à jour gepflegtes Schiff anbieten zu können. Die Tage vergehen so wie im Flug und die Zeit zerrinnt wie der Sand zwischen den Fingern.