Donnerstag, 16. Juni 2016

Flores - ein Kraftort


9 Tage bleiben wir im Hafen von Lajes das Flores, diesem kleinen Hafenörtchen wo die Kirche ganz katholisch mitten im Dorf steht. Eine ganze Serie von Tiefdruck Gebieten fegt nochmals über uns hinweg, bringt viel Regen und vom Wind zerfetzte Nebelschleier. Dieses Wetter hat seinen ganz eigenen Reiz, zeigt die Insel von ihrer urchigen, mystischen und wilden Seite.






Die wenigen trockenen Tage nutzen wir um Safari Njema zu pflegen und Entdeckungstouren zu unternehmen. Christian, ortsansässiger Deutscher und Lokalvertreter des deutschen Segelvereins Transocean ist uns mit allerlei guten Diensten behilflich. Er bringt und holt uns auch zu den Wanderweg Start- und Endpunkten und so können wir unbeschwert die wunderschöne, saftig grüne Insel Flores geniessen, die ihrem Namen alle Ehre macht.








Ganz begeistert vom Beine vertreten nach der langen Transatlantik motivieren wir auch Kris und Dave von der australischen TAIPAN, uns auf eine Wandertour zu begleiten.  Wir kriegen just den schönsten Sonnentag geschenkt.











Inzwischen ist die Lust, weiter zu segeln wieder da und wir werden morgen nach Horta ablegen, ein rund 24 Stunden Törn nach Südost. Doch bevor wir unsere Landfall Insel Flores verlassen, drücken auch wir noch unseren Ankommens Stempel auf die Hafenmauer. Seit Jahrzehnten ist es üblich, dass Segler nach der erfolgreichen Transatlantik Passage ihrem Schiff ein Andenken setzen und sich auf der Hafenmole verewigen. Unsere Safari Njema hat diese Ehre ja wirklich verdient!






Dienstag, 7. Juni 2016

im sicheren Hafen - Flores, Azoren



Am Morgen danach - Der Sturm ist abgezogen noch ein wenig regnerisch heute - 13 h Schlaf und die Welt sieht so anders aus!

Nach nur 14 Tagen 18 Stunden und gesegelten 1846 Seemeilen sind wir am Ziel.

Die zweite Hälfte der Passage brachte uns schnelles, aber auch anstrengendes Segeln. Ein ums andere Tiefdruckgebiet scheint diesen Frühling tiefer südlich als sonst üblich über den Atlantik zu ziehen. Wir sind sehr froh, uns relativ südlich der üblichen Route, zwischen 34° und 36 ° nördlicher Höhe aufzuhalten. Üblicherweise findet man auf dieser Höhe grosse Flauten Zonen - nicht so wir. Wir werden mit achterlichem Wind gesegnet, reiten am Rande der nördlich durchziehenden Tiefdruckgebiete mit und schaffen es, ihnen immer gerade so fern zu bleiben, dass wir „nur“ machbare Windstärken abbekommen – soweit so gut.
Eine Schauerbö mit Windhose nähert sich uns bei sonst ruhigen Verhältnissen
Diese tolle französische Rennyacht hat uns mitten auf dem Atlantik fast umgemäht - viel zu nah passiert er uns mit über 15 Knoten Speed - und lässt uns mit unseren 6 Knoten Fahrt mal am Rande stehen. Der Skipbper ist alleine auf dem Boot, reagiert nicht auf unsere Funkrufe. Später entschuldigt er sich, hatte wegen Mangel an Strom den Funk ausgeschaltet und uns erst beim passieren wahrgenommen. Ist ja gut gegangen - sanssouci -  Kandidat der Vendee Globe 2016?
Rund 400 Seemeilen vor den Azoren werden die Empfehlungen unseres Wetterrouters dringlicher, die Entwicklung der Grosswetterlage macht uns Sorgen und nimmt uns zunehmend die Freude an den guten Segeltagen und dem positiven Verlauf der Passage. Ein grosses Tief meldet sich erneut an und Bonnie, das zweite tropische Tief dieser Hurrikan Saison zwischen Karibik und der US-Küste, bringt die Atmosphäre durcheinander. Es zeichnet sich ab, dass uns aufs erste Juni Wochenende ein Sturm über den Azoren droht. Auch von Uwe, Unterhalter eines deutschen Funknetzwerkes INTERMAR kriegen wir Wetterwarnungen, als er unsere täglichen Position Updates sieht. Fortan versorgt er uns mit einer wertvollen Zweitmeinung zur Wetterentwicklung.

Von unserem Wetterrouter bekommen wir eine Deadline gesetzt: Wir sollen unter allen Umständen vor Sonntagabend, spätestens Montagmorgen 6. Juni im Hafen sein, besser auf der Insel Horta, wo ein rundum geschützter Hafen zur Verfügung steht als Flores, welcher klein und bei Nordost Wind und Wellen schutzlos ist. Auch solle Horta etwas weniger heftig vom Sturm betroffen sein.
Nun geht die Rechnerei für uns los und sehr unbehagliche Gefühle beginnen an uns zu nagen. Uns wird klar, dass wir keine Chance haben, das weiter entfernte Horta rechtzeitig zu erreichen. Auch wenn wir Safari Njema alles abverlangen und konsequent hart segeln – das Ziel ist erst auf Dienstag frühestens erreichbar. Sollen wir weiter nach südost segeln und versuchen dem Sturm zu weichen – mit dem Risiko schlussendlich die Azoren zu verpassen und nach Portugal durch zu segeln? Ou mei, bitte bloss nicht!
Regenbogen hinter der Welle
Die Wellen sind beeindruckend - schwierig ein vernünftiges Foto hinzukriegen
Die nächsten 24 Stunden halten wir Kurs auf Horta, geben unser Bestes, Strecke zu machen. 
Inzwischen sind wir mit einer weiteren Front beschäftigt, haben über 30 Stunden lang Windstärke 6 – 7 und sehr hohe Wellen. Unser Windpilot leistet unbezahlbar gute Arbeit! Er führt uns sicher durch Böen und die unglaublich starkt schiebenden und ziehenden Kräfte der Wellen. Insbesondere nachts hätten wir, persönlich am Steuer, keine Chance auch nur annähernd so sicher und gut in diesen Bedingungen zu fahren. Zudem schont uns der Windpilot vor überkommenden Wellen und Regenschauern. Wir verbringen die meiste Zeit im Schiffsbauch, auch der Niedergang bleibt zumindest teilweise geschlossen. Trotzdem bekommt Sven, als er für den Kontrollblick aus dem Niedergang schaut just eine Kopfdusche von einer Welle ab, die durch die Sprayhood ins geschützte Cockpit presst. Im Schiff drin ist es am sichersten, wenn wir sitzend und eingekeilt die Zeit verbringen – nicht gerade gesunde Haltungen. Schlaf zu finden während der Freiwache wird durch die heftigen Schiffsbewegungen, wo einem die Eingeweide von links nach rechts und zurück an die Rippen gepresst werden – schwierig. Wir werden müde, Kochen und Essen macht so keinen Spass.  Unbeeindruckt von den Bedingungen segelt Safari Njema einfach unbeirrt weiter gen Nordosten … unser tapferes Schiff! Wir warten besorgt auf jeden neuen Wetterbericht.
Wie willkommen  und schön ist der Sonnenaufgang nach diesen starkwindigen Nächten
Dann fällt unser Entscheid: Nach einem Email mit dem Hafen von Flores wird uns ein Platz in der Marina in Aussicht gestellt, Reservationen machen sie allerdings keine – wer zuerst kommt malt zuerst. Gleichzeitig scheint uns der Ankerplatz einigermassen vertretbar. Selbst wenn der Anker in Sturmstärke nicht halten würde, triebe es uns aufs offene Meer und nicht auf die Klippen – Na ja, das sind ja tolle Aussichten! Soll nur der Wind nicht drehen auf Nordost! Andererseits ist die Marina in Horta durch die jährliche ARC Regatta und das dauernd schlechte Wetter auch schon überfüllt und der Ankergrund sei mässig. Also wählen wir die nicht optimale, doch wenigstens erreichbar und machbare Lösung – setzen Kurs auf Flores ab und hoffen, dass sich die Laufbahn des Tiefdruckgebietes nicht verschiebt und sich die Bedingungen verbessern und nicht verschlechtern.

Am Sonntagabend gehen wir in die letzte Nacht bei ruhigen 10 Knoten Wind und Sternenhimmel. Erstmals auf der Passage werfen wir die Maschine an – die Ruhe vor dem Sturm ist eingekehrt. Dann 02.00 Uhr frischt der Wind innert Minuten auf 20 Knoten auf. Ab jetzt soll es nur heftiger werden, sagen die letzten Wetter Daten. Noch 4 Stunden bis Dämmerung. Um 03.15 Uhr haben wir 28 Knoten Windstärke, Regenschauer. Es ist die schwärzeste Nacht, die wir noch je gesehen haben! Kein Horizont zwischen Wasser und Himmel ist auszumachen – nur Heulen des Windes, Rauschen der Wellen, Ächzen des Bootes und Prasseln des Regens. Um 04.00 Uhr plötzlich, ein Lichtblitz – der Leuchtturm von Lajes! Bei diesen Windstärken ist es schwierig, die Geschwindigkeit vom Boot zu drosseln. Selbst mit dem kleinen Vorsegel laufen wir noch 5 Knoten Speed. Wir wollen das erste Tageslicht nutzen um uns hinter die Hafenmole und hoffentlich in die Marina zu schleichen – hoffen, dass der Wind im geschützten Hafen das Manöveriren erlaubt.

Um 06.15 biegen wir um die grosse Steinmole von Lajes, bringen uns aus den inzwischen angeschwollenen Wellen in den ruhigen Vorhafen. Tatsächlich bläst hier im Schutz der Insel und der Hafenanlage der Wind nur noch leichte 12 Knoten. Ein letzter Entscheid – wir machen nicht an der äusseren rauen Hafenmole, gedacht für Fachtschiffe, fest und gehen nicht vor Anker – wir riskieren die Einfahrt in die enge Marina, wo ein Wendemanöver zwar schwierig aber hoffentlich möglich sein wird. Tatsächlich biegen wir in das enge Hafenbecken ein und bändseln im Päckli an der schwedischen Mayflower fest, unserem Nachbar während der letzten Nacht in Bermuda … Es ist geschafft.
Das Sturmtief welches während den letzen 24 h über uns hinwegfegte -
dankbar, gerade rechtzeitig noch im Hafen gelandet zu sein