Ahoi nach
Hause!
Bei mildem
Sonnenschein und warmen 20 Grad liegen wir gemütlich geschützt vor der letzten
Schleuse des Kaledonischen Kanals am grünen Waldrand. Nur das Rauschen in den
Bäumen lässt vermuten wie es draussen in der Bucht und erst auf der irischen
See chuutet (Gale Warning, SW Forth 9), natürlich wiedermal voll auf unsere
Bugnase! Doch der Wind gibt zunehmend ab und damit wird sich dann bald auch die
See beruhigen, denn morgen wollen wir aus diesem Loch heraus, endlich wieder
ins Salzwasser!
Gemütlich
waren die Tage auf dem geschützten Kanal und auf den vier schönen Lochs. Auf
Loch Ness ankerten wir über Nacht und warteten vergebens aufs Nessi; besuchten
das Castle Urquart, unternahmen kleine Velotürlis und besuchten die Whiskey
Brennerei Ben Nevis und mögen seither sogar ein bisschen dieses Feuerwasser.
Die 27 Schleusen haben wir ohne Kratzer gemeistert. Safari Njema hat zum Schutz
ein Röckli und Fenderbretter bekommen. In den Schleusen war Grossbetrieb und es
herrschte reges Treiben. Die Schleusenwarte zeigten sich sehr hilfsbereit und
zuvorkommend und freuten sich über die erste durchziehende Schweizer Segelyacht
dieser Saison. Diese ruhigen Kanaltage mit Touristenprogramm nahmen wir nach
den herausfordernden Wochen seit unserem letzten Logbuch Auszug gerne zur
Erholung an.
Denn mit dem Start zur Nordsee Ueberfahrt gings dann plötzlich schnell. Noch am Sonntag unternahm Sven alles Mögliche, um unseren Motor wieder rund zum Laufen zu bringen. Mit telemech Hilfe von Hanspeter konnten wir unsere Motor Sorgen besprechen und erhielten wertvolle Tips. Der Motor war am Abend wieder zusammengestöpselt und lief. Zur Belohnung gabs einen langen Spaziergang am wunderschönen Sandstrand von Thyborön mit Lage- und Wetterbesprechung. Nachts um 03.30 Uhr hats Gerda im Bisi gspürt und checkte nochmals die Wetterlage, Sven kam dazu und der Entscheid fiel: Montag 11.00 Uhr auslaufen nach West. Danach war die Nachtruhe nicht mehr ganz herzustellen. Wir beide waren sehr gespannt auf die für uns bisher längste Ueberfahrt. Im Halbschlaf wurde die Nordsee immer düsterer und Schottland schien immer weiter vom europäischen Kontinent wegzutreiben…
Aber wir
wollten das von Schottland heranziehende Hochdruckgebiet nutzen: Vor dem Hoch
stand NW Wind, welcher uns auf einen Umweg vorerst nach SW zwang, um später
südlich des Hochs den sich von von NE über E nach S drehenden Wind zu nutzen.
Zwar freuten wir uns nicht gerade auf den Umweg, jedoch waren dafür für die
nächsten drei Tage zumindest keine Wetterwarnungen vorhanden und ab Freitag war
erneut Starkwind von W angekündigt. Also nix wie los oder weitere 5 Tage
mindestens warten.
Bei
Sonnenschein auszulaufen ist schon mal immer gut für den Start einer
Ueberfahrt. Es beruhigt die aufgeregten Gemüter – leider aber nicht unbedingt
deren Bäuche. Nach 3 Stunden wurde Gerda grün und fütterte für die nächsten 20
Stunden die Fische. Oje, so stark hatte die Seekrankheit noch nie zugeschlagen.
So ein elendes Gefühl und Unbehagen. Knapp konnte sie wenigstens die Wachen
einhalten, danach besserte sich langsam der Zustand und der Brechreiz war
endlich unterbrochen. Sven kochte das allerbeste Mittagessen: Stocki mit
Büttelibratensauce und Büchsen Erbsli und Rüebli! Ab dann war alles wieder gut!
J
Die 72
Stunden bis Peterhead erlebten wir in unserer ganz eigenen Welt. Das Meer ist
ja soooooooo weit und gross! Der Horizont und der Himmel soooooo übermächtig
gross und wir waren ganz einsam da mit unserer Safari Njema und schaukelten im
gemütlichen Tempo immer dem Westen entgegen. Zeit hatte keine Bedeutung mehr.
Nur Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, Müdigkeits- und Hungergefühle, Schlafen,
Essen, Hörbuch hören, Ausschau halten. Keine Aussenkontakte mehr, einzig die
Navtex Meldungen blieben als Inputs von dem Rest der Welt übrig. Zum Glück
kamen keine bedrohlichen Wetterwarnungen, die Situation hielt sich stabil wie
vorausgesagt, ausser, dass der Wind schwächer wurde als angekündigt, bis er
dann noch ganz einschlief. Da hockten wir auf der sturmbekannten rauen Nordsee
in der Flaute auf dem platschflachen Wasser! Jae nei, gibt’s doch gar nicht!
Also hiess es für eine lange Strecke motoren, dazwischen Segel hochziehen um
auch die kleinste Brise zu nutzen.
Zwischendurch
streckte ein Seehund seinen Kopf aus dem Meer und blinzelte uns verwundert an
oder es zogen ein paar Delfine an uns vorbei, dann wieder lange nichts. Nach
halber Stecke sahen wir in der Ferne Bohrinseln, zwischendurch zog am Horizont
ein Frachter oder Tanker vorbei. Wir sahen sie, sie aber wohl kaum uns. Nach
der dritten Nacht sahen wir am Morgen am Horizont einen Dunststreifen und etwas
später etwas Dunkelgrünes: Land in Sicht! Scotland ahead! Jupidui, ist das ein
überwältigendes Gefühl, es wirklich geschafft zu haben und erst noch am
richtigen Punkt, nämlich Peterhead zu landen! Mit dem letzten Dieselresten,
übermüdet aber gesund und zufrieden liefen wir in die Peterhead Marina ein,
banden unsere treue Safari Njema sicher fest, schafften noch einen Spaziergang
ins Pub und stiessen mit einem Scottish Ale auf unsere gelungene Ueberfahrt an,
dann fielen wir hundemüde in einen 14stündigen nonstop Erholungsschlaf.
Hatten wir
ursprünglich gedacht, dass mit der Nordsee Ueberfahrt vorerst die schwierigste
Etappe gemeistert sei, lehrten uns die nächsten Segeltage anderes. Konstant zog
SW Wind über Schottland daher. Uns wurde der Weg nach Westen nicht einfach
gemacht. Zudem konnten wir wenig bis kaum unterstützende Strömungen finden. Bei
akzeptabler Windstärke zogen wir los, um den für uns nördlichsten Punkt mit
Leuchtturm Ratray Head zu runden und in den Moray Firth, die grosse Bucht mit
Endpunkt Inverness, zu gelangen. Unser erstes Etappenziel war Buckie: Das
kleine Städtchen mit einem monströs grossen Hafen mit 200jährigen, dicken
Mauern, welche den Schiffen auch beim stärksten Sturm Schutz bieten, bot uns
eher einen trostlosen und traurigen Anblick. Früher lebte die Gemeinde von der
Fischerei. Heute steht kein einziges Fischerboot mehr im Hafen. Die Hafenbecken
sind leer, die Gewässer östlich von Schottland sind leergefischt.
Zum Glück
gibt es dort aber noch eine Werft, wo wir einen tüchtigen und erfahrenen
Mechaniker fanden, der nochmals in Safari Njemas Motor schaute, denn dieser
lief auch nach allen bisherigen Anstrengungen nicht rund. Er überprüfte die
Einspritzdüsen, testete den Druck, reinigte sie. Vorerst läuft der Motor wieder
besser und liess uns wie unten beschrieben auch in heiklen Situationen nicht im
Stich.
Immer bei SW
Wind gegenan erreichten wir das hübsche Städtchen Lossiemouth. Dieses Dörfli
hat’s besser gemacht, hat den alten, nicht mehr benutzten Fischerhafen umgebaut
und für Sportboote eingerichtet. Nun ist er als hübscher Seglerhafen bekannt
und bekommt entsprechend Gäste.
Die letzte
Etappe nach Inverness hatte es in sich: In der sich zuspitzenden Bucht Moray
Firth , welche in einem Nadelöhr zwischen Fort George und Fortrose und
schlussendlich in der Flussmündung Ness unter der Kessock Bridge bei Inverness
endet, gibt es Tidenstrom, der sich in der Richtung und Stärke je nach
einlaufendem oder auslaufendem Wasser ständig ändert. Zudem ist die innere
Bucht von Inverness sehr seicht und trocknet bei Ebbe teilweise aus. Wir hatten
uns drei Wegpunkte gesetzt, um zu planen, dass wir zur richtigen Zeit mit dem
richtigen Strom am richtigen Ort zu sind. Mit unserem Plan ging vorerst alles
auf. Aufkreuzen gegen den SW Wind kannten wir ja bereits von den vergangenen
Tagen. Kurzfristig legte sich gar der Wind, so dass wir im glatten Wasser sogar
einen Minkwal und Delfine sehen konnten. Doch kaum hatten wir den ersten
Wegpunkt und damit die einsetzende starke Strömung in die enge Bucht erreicht,
frischte es zunehmend auf. Zuerst mit 4 Bft, dann zunehmend auf 5 – 6 Bft und
an der engsten Stelle dann gleich mal auf 7 BFT mit 31 Knoten Wind gegen
an. An Aufkreuzen unter Segeln in diesem engen Gebiet war nicht mehr zu
denken, also kreuzten wir unter Motorhilfe mit dem Gross gegen die sich giftig
aufbauenden steilen Wellen an. Es wurde immer ungemütlicher und nasser … und
dann rissen sich vom Druck die Mastrutscher des Grosssegels aus der Nut und wir
durften unter Gefahr, dass das neue Grossegel reisst, in diesem Wellengang das
Grosssegel bergen. Wohlverstanden ist es in diesen Bedingungen alles andere als
gemütlich, am Mast herumzuhantieren. Sven blieb cool und liess sich, natürlich
immer von der Lifeline gesichert, nicht von den heranschwemmenden Wellen
wegwaschen. Das Gross war endlich ohne Schaden geborgen. Nun musste das kleine
Vorsegel den Job übernehmen und so kämpften wir uns zwei Stunden lang in diesem
Whirlpool nach Inverness vor. Das Fahrwasser konnten wir bei diesen Bedingungen
nicht einhalten und mussten also so schnell wie möglich, solange es noch genug
Wasser vor der ablaufenden Flut hatte, immer enger in die Bucht kreuzen. Zum
Glück hatten wir den Strom noch immer, wie berechnet mit uns, was uns
einerseits fürschi brachte, andererseits mit der Grund war, dass sich diese
hohe steile See überhaupt aufbauen konnte.
Figufertig
und erleichtert liefen wir abends um 20 Uhr durchnässt in den Hafen von
Inverness ein und erhielten ein Willkommensgeschenk: Ein Delfinmami, führte ihr
Baby in der Hafeneinfahrt vor und die beiden begleiteten uns bis in die Marina
hinein. Den beiden war’s da draussen vielleicht auch zu schaukelig gewesen ….
Tja, an
diesem Tag hat‘s noch einige andere Yachten verchutet, wie wir später beim
Hafenplausch feststellten. Der aufbrausende Wind wurde in keinem Wetterbericht
nur annähernd so vorausgesagt. Für uns war es eine weitere Lektion im Starkwind
segeln und Vertrauensförderung in unsere Safari Njema mit dem guten Kollegen
Motor im Bauch … J!
Uebrigens
wird’s ab Morgen Sonntag Sommer in Schottland: Es werden erneut 20 Grad
erwartet!
Euch allen
auch schöne und hoffentlich warme Sommertage!
Liebe Grüsse
Safari Njema
und Crew