Nach den langen Segeltagen geniessen wir wieder das Landratten Leben, jedenfalls tagsüber, denn Safari Njema liegt an einer Boje in der Bucht von Newport.
Newport – Seglermekka und Ferienort, einer der ältesten
Häfen aus der Kolonialzeit und seit der vorletzten Jahrhundertwende ganz gross
in Mode beim amerikanischen Geldadel, um den horrenden Reichtum mit ihren
Sommerresidenzen zu zeigen.
Für uns ist Newport ein idealer, abwechslungsreicher
und sehr schöner Ort, um unser nordamerikanisches Segelabenteuer zu beginnen.
Nach den ersten drei kühlnassen Tagen, welche wir vorwiegend
mit Nachschlafen und Kuscheln im gemütlichen Schiffsbauch verbringen, gewärmt
von Heizung, Kerzenlicht, warmem Tee und Raclette; machen wir uns, allmählich
akklimatisiert, wacker auf Sightseeing Tour durch Newport und organisieren uns
im neuen Gastland Amerika.
Nun ist es frühlingshaft warm, die Luft ist trocken und frisch und es riecht nach Nadel- und Laubbäumen wie zuhause. Überall blüht es in den super schönen Parks und Gärten und an der Küste geht immer eine frische Brise. Wir radeln und wandern kreuz und quer durch Newport und die raue, herbe Küstenlandschaft. Richtig schön! Nun sind wir uns sicher, dass es richtig war, in den Norden hoch zu segeln, um diese interessante Küste Neu Englands und Wiege Amerikas zu besuchen.
Newport ist auch heute noch ein teures Pflaster zum Wohnen.
Die hübschen Stadthäuser und die gigantisch grossen Herrschafthäuser sind denn
auch sehr gepflegt und stilvoll. Zum Sightseeing hier gehört auch ein Besuch
der Mansions. Wir besuchen zwei dieser Sommer Cottages, die eher Palästen und
Schlösser ähneln als unserem Begriff eines Cottage. Die Milliardärsfamilie
Vanderbilt, reich geworden als Eisenbahnunternehmer, haben sich gleich zwei
dieser Paläste hier geschaffen – wohl verstanden für nur etwa 6 Wochen
Sommerferien pro Jahr. Klotz und Protz und eine riesige Sammlung an
europäischen Kunstsammelstücken, welche auch dank dieser abgehobenen
Gesellschaft die turbulenten Zeiten in Europa während des letzten Jahrhunderts
wohl gehütet und heute für die Öffentlichkeit zugänglich überlebt haben.
Die Liegenschaften werden heute nicht mehr privat genutzt
aber für spezielle Anlässe vermietet. Ansonsten stehen sie zum Besuch offen und
werden von einem Verein unterhalten und gepflegt. Die Führungen sind sehr
interessant und unterhaltsam gestaltet und bieten einen guten Einblick in einen
Teil der amerikanischen Geschichte und Kultur.
Nebst dem Sightseeing geniessen und entdecken wir von Neuem die
amerikanische Alltagskultur. Ja, wir schlendern stundenlang in riesigen
Supermärkten herum und lädelen in den vielen schönen Boutiquen mit all den
vielen schönen Sachen. Das Angebot und
der Konsum davon sind verlockend und verglichen mit der Verfügbarkeit während
den letzten Monaten auf den Inseln und auch im Vergleich zu Grossmärkten
Europas immer noch überwältigend. Und dann gehören natürlich auch Besuche bei
Foodketten wie Dunkin’Donuts oder Taco Bell und den wirklich feinen Cafés mit
gemütlicher Leseecke oder einer schön eingerichteten Bar dazu. Wir lassen es
uns gut gehen.
Doch unsere tapfere Safari Njema darf natürlich auch nicht
zu kurz kommen. Von den gröbsten Salzkrusten schon per Dusche befreit, erledigen
wir Wartungsarbeiten wie zum Beispiel Winschen schmieren und überprüfen
nochmals die Ruderanlage. Auch ein Leck in der Luke muss gestopft werden.
Interessant zu bemerken, dass unser Schiff in der Kälte hier geschrumpft ist!
Es dauerte ein paar Tage bis sich wieder alles ineinander gefügt zu haben
scheint. Als nächstes wollen wir Safari Njema energietechnisch Amerika tauglich
machen. Sven bastelt mir schnell einen Stromstecker für den Haarföhn (nun
wieder täglich im Einsatz, o Schreck!) und wir stellen das bisher französische
Butan Gas System auf in Amerika üblich verwendetes Propan Gas um. Hier haben
wir keine Chance, Butan Gas aufgefüllt zu bekommen, also müssen wir umsatteln.
Wir finden fachkundige und tolle Unterstützung beim Newport Propane Team, das
uns sehr hilfsbereit einen halben Nachmittag widmet und eine individuelle
Lösung mit neuer Flasche, Schlauch und dem ganzen Adapterzeugs für uns
zusammenstöpselt. Richtig toll! Nun kocht und heizt sich’s auf Safari Njema
also mit Propan Gas und unser Kochherd macht das ganz gut mit.
Wir beobachten einen grossen Unterschied zwischen den bisher
besuchten Destinationen unserer Segelreise zu unserem Amerika Segeltörn: Oft
hatten wir keine oder wenige Vorstellungen, Bilder oder Erwartungen vom jeweiligen
Land oder Insel. Wir gingen offen und unbescholten auf das neue Land zu – waren
oft positiv überrascht, vielleicht auch mal enttäuscht.
Im Gegensatz dazu scheinen uns Stereotypen zu den USA, ihren
Bewohnern und das vermeintliche Alltagsleben durch die Medien, insbesondere das
TV so gefestigt und bekannt zu sein, dass es nun spannend ist, sich die
Offenheit zu bewahren und Neues zu entdecken. Wir wollen vorgeprägte Bilder und
Erlebnisse von früheren Reisen mit dem heutigen Erleben vergleichen, uns offen halten
für neue Eindrücke. Wir freuen uns auf die nächsten sechs Monate und unsere
persönliche Entdeckung Amerikas!