Mittwoch, 24. Dezember 2014

7 Tage auf See und Weihnachten ist da

Der Tag ist angebrochen und soeben die Sonne aufgegangen, 07.30 Uhr. Nach einer weiteren langen Nacht auf See. Die durchwachten Nächte und der Schlafmangel setzen uns zu. Inzwischen teilen wir uns ja aber die Wachperioden durch drei, was schon sehr entlastend ist.
Wir beginnen heute den 8. Tag auf See. Bisher ist fast alles gut gegangen. Wir starteten mit 28 Knoten und einer kabbeligen See in Mindelo, dann plötzlich Flautenlöcher und eine mega Schaukelei. Die ersten Stunden waren wie immer angespannt. Bis alles eingerichtet ist und rund läuft und wir uns an das Leben auf See wieder gewöhnt haben. Nadine musste sich auch an den Seegang gewöhnen und verabschiedete sich vorerst für einen langen Tiefschlaf in die Koje - Appetit auf Pizza Barbados verflogen.
Nach 3 Tagen und Nächten waren wir alle soweit eingeschaukelt, dass nun endlich ausser der Befriedigung der Grundbedürfnisse auch Gemütlichkeit Einkehr hielt. Nadine's Gärtchen ist bepflanzt und täglich dürfen wir Kresse, Rucola und die pikante Sprossenmischung zum Salat oder Lunch geniessen. Wir essen gut und bis heute haben wir noch täglich frisches Gemüse - natürlich soll es ja noch für das Weihnachtsmenu reichen. Früchte werden wir während den nächsten drei Tagen wohl noch geniessen können - dann gibt's Frischgemüse aus der Dose à la Bonduelle.
Viel passiert an den Tagen auf See nicht. Nach den ersten, zwar schnellen, aber auch anstrengenden Windtagen hatten wir angenehme 4 Beaufort und die Wellen wurden niedriger. Nun begann uns die Wetterprognose zu beunruhigen: Vor uns eine grosse Flautenzone. Wie weichen wir am besten aus? Wir entschieden uns für einen Umweg nach Süden und sind bis heute gut damit gefahren und kriegten immer hin immer mindestens 7 Knoten Wind. Seit 3 Tagen nutzen wir den Parasailor - Dank diesem Vorsegel können wir den Leichtwind noch angenehm unter Segel nutzen und sind immer noch mit 4 Knoten Geschwindigkeit unterwegs. Bisher durfte der Motor ruhen. Zum Glück, denn um die ganze Flautenzone zu durchqueren würde der Diesel schon gar nicht reichen.
Bisher sind wir einem einzigen Fischerboot nachts um 0200 Uhr begegnet. Man sollte doch meinen, dass der Atlantik wirklich gross genug wäre, ohne dass man sich in die Quere kommt, doch aber nein, da fährt der Fischer uns doch voll auf Kollisionskurs entgegen - und wir platt vor dem Wind unter vollen, ausgebaumten Segeln (was ein Ausweichen zu einem rechten Aufwand mit Arbeiten auf dem Vordeck in Dunkelheit bedingen würde). Gewöhnlich weichen wir der Berufsschifffahrt ja natürlich aus. Doch bei den Fischern ist das manchmal so eine Sache - vornedurch reicht unsere Geschwindigkeit nicht und hinten am Fischer vorbei, weiss man nie, ob und welche Netze sie vielleicht noch nachschleppend haben. Also funkten wir den Herrn Fischer mal an und siehe da nach einem Check auf seinem Radar konnte auch er uns erkennen. Es war ein netter Spanier, der freundlicherweise von seinem Kurs abwich und uns passieren liess. Wir bedankten uns mit guten Wünschen und feliz navidad y prospero año nuevo!
Bereits mehrmals erschreckten uns fliegende Fische nachts im Cockpit. Ich staunte nicht schlecht und hab mich ziemlich erschreckt, als erstmals so plötzlich neben mir ein flappendes Ding in der Dunkelheit landet. Schnell die Stirnlampe zur Hand liegt da ein in wunderschönem hell- bis königsblau glänzender Fisch neben mir. Nach Luft schnappend und hilflos sein Flügel ausbreitend. Ou du armer Kerl, da haben sie dir einfach ein Segelschiff in den Flugweg gestellt! Also schnell den Fisch packen und wieder über Bord schmeissen! Hoffentlich hat er sich nicht zu stark bei der Bruchlandung verletzt. Sven kriegte einmal fast einen Fisch an den Kopf. An der Sprayhood klebten am Morgen noch die Fischschuppen inklusive Geschmack versteht sich ?
Um wirklich jeden Windstoss zu nutzen segelten wir auch vorletzte Nacht unter ausgebaumtem, vollem Vorsegel. Der Druck auf die Spiere ist so sehr hoch. Nachdem schon der Hacken am Mast vor zwei Tagen, wie eigentlich erwartet, abbrach und Sven diesen mit der vorgefertigten Backup Lösung repariert hatte, brach nun am Baum selber die Einhängevorrichtung. Also mussten gute Ideen her und im Dreierteam brachten wir eine Notreparatur an. Wir zwei Chicks sind ganz gute Helfershelfer für unseren Käpt'n! Nun hoffen wir, dass die Reparatur dann auch hält. Bei diesem Parasailor Wind kommen wir voraussichtlich noch 3 Tage ohne den Baum aus.
Heute nun also Weihnachten - Auf unserem Adventskalender öffnen wir das letzte Türchen. Irgendwie komisch - es weihnachtet nicht so sehr auf See, obwohl Nadine gestern Algen zur Weihnachtsdekoration aus dem Meer gefischt hat - Schmück das Haus mit grünen Zweigen ?. Na ja, unsere durften halt nicht nach Nadelholz dafür nach Seetang.
Wir hoffen auf eine stille, aber keine flautige heilige Nacht.