Donnerstag, 14. Mai 2015

Ahoi Bermuda


Nach 172 Stunden steuern wir erleichtert und voller Vorfreude auf die enge Einfahrt zum Hafen von St. George’s Town auf Bermudas ein. Nun nur nichts mehr falsch machen und die Fahrwassertonnen verwechseln, sonst landen wir bei den anderen 350 Wracks hier in der Umgebung. Doch nichts dergleichen und schliesslich hat die Bermuda Radio Station ein wachsames Auge auf uns. Die sind nämlich ganz schön besorgt, dass auch ja alle Schiffe gut die Bermudas umsegeln und den berüchtigten Ruf nicht noch schlimmer machen.

 Jedes Schiff hat sich über Funk bei der Bermuda Radio Station bei der Annäherung von etwa 40 km zu melden. Und sie nehmen es genau und wollen die aktuelle geographische Position wissen, die  Grösse, Farbe und Kennung des Schiffes, welche Not und Rettungshilfsmittel sind vorhanden, Kennung der Notsignal Boje, Grösse der Crew  und Benennung des Captaines und welche Früchtlis oder Waffen sonst noch an Bord sind? Wenn man dann vor der Einfahrt steht, darf man nochmals funken und um Erlaubnis zum Passieren fragen, nur um sicher zu gehen, dass man keinem dicken Pot wie z. B. einem Kreuzfahrtschiff begegnen würde. Da beide nicht ausweichen könnten, wäre das ein Disaster …  Doch die grossen Pöte sind meistens sowieso nicht mehr im Hafen von St. George’s Town, denn sie sind inzwischen einfach zu gross und tief gebaut.

Wir geniessen die Einfahrt durch das türkisschimmernde Wasser an den Korallenfelsen entlang und freuen uns, wiedermal Nadelbäume zu sehen! Es ist ein tolles Ankommen: strahlendes Wetter, die pastellfarbenen Häuser von St. George’s Town und fast die Hälfte der Segelschiffe vor Anker kennen wir von früheren Häfen in Europa oder der Karibik! Muline, Rote Grütze, Lubini, White Witch, Amazone, Yarona … nur Salomon mit Urs drauf ist schon weg. Nach dem Einklarieren legen auch wir uns zwischen die anderen ins Ankerfeld und bald kommen die Lubinis vorbei und Gunther (von der Shaka nun auf die Rote Grütze gewechselt) stattet uns mit Lasse und Nele von einer anderen deutschen Yacht ein Bsücheli ab. Das ist wirklich ein schöner Abschluss und ein warmes Willkommen nach einer gelungenen langen Passage!

Bermuda ist wie eine grosse Kreuzung der grossen Schiffswege. Die einen segeln nach Europa zurück und die anderen machen sich wie wir auf den Weg in die USA.

Nach dem letzten Blogeintrag blieb das Wetter schön und ruhig, leider auch der Wind. Doch einmal mehr rettete uns das Parasailor Segel und wir konnten bis auf 9 Stunden, als der Wind komplett einschlief, den ganzen Weg segeln. Durch das ruhige Wetter blieb auch der Seegang angenehm und ich schaffte es erstmals auf einer Überfahrt Bücher zu lesen! Was für ein Vergnügen! Zwischendurch vom Buch aufschauen, ein bisschen am Segel zupfen und den Blick übers schöne Meer schweifen zu lassen, Kontrollblick auf alle Geräte und – weiter sich ins Buch vertiefen. Echt schön.

Ansonsten sahen wir in diesen sieben Tagen etwa 15 Delfine, portugiesische Galeeren (giftige Quallen), 1 Kreuzfahrtschiff und 3 Segelschiffe. Mit Seahawk, einer amerikanischen Yacht unserer Grösse, teilten wir etwa 40 Stunden lang unseren Weg. Wir sahen am Horizont das Segel oder nachts das Licht. Wie üblich in einer solchen Situation funkt man sich dann kurz mal an und schwatzt ein bisschen. In der letzten Nacht haben wir uns dann aber aus den Augen verloren und erst wieder hier im Hafen getroffen.

Ach ja und da war noch dieser Schreckmoment. Etwa 1 h nach Eindunkeln schlug einmal das Radar Alarm. Voraus ein Signal. Wir hielten Ausschau nach Licht oder irgendwas Erkennbarem in der Dunkelheit – nichts. Dann kein Signal mehr. Nachträglich wurde uns klar, dass dies ja nur logisch ist, da man in der nahen Umgebung von zwei Seemeilen die Signalisation des Radars unterdrückt, weil sonst jede höhere Welle einen Alarm auslösen würde. Na ja, nachher ist man ja immer schlauer! So hatten wir also von dem ominösen Zeichen nichts mehr gesehen und aus den Augen, wenn auch nicht ganz aus dem Sinn verloren und segelten wacker weiter drauf los.
Jedenfalls fierte ich gerade die Yankee Schote war, als ich plötzlich eine Glocke läuten hörte. Das ging durch Mark und Bein und so schnell, dass ich vorerst dachte, dass da ein Schiff ganz in der Nähe zum Alarm seine Glocke schellte.  Im Licht meiner Stirnlampe (und die zündet wirklich nicht weit!) sah ich einen  Reflektor Streifen einer Tonne mit einer Schiffsglocke obendrauf. „Sveeeeeeen!!!“ :o! 
Heinomol, zum Ausweichen wäre es zu spät gewesen oder meine Reaktion zu langsam und zum Glück waren noch ein paar Meter Wasser zwischen uns! Sven hat dann die Tonne in unserem Kielwasser auch noch verschwinden sehen. War also kein Alptraum gewesen.
Bei der Tonne hatte es sich wohl um die Atlantic South gehandelt, auf der Seekarte an einer anderen Position eingezeichnet, die wohl durch Sturm oder Strömung vertrieben wurde. Eine solche Tonne ist aus Stahl und etwa 4 Meter hoch mit einem Umfang etwa 3 Metern. Also hätte das ganz schön gekachelt bei einem Zusammenstoss! Übrigens sind solche Tonnen sehr oft mit einer Schiffsglocke versehen, aber nicht beleuchtet, um genau dieses Warnsignal bei Nacht oder Nebel abzugeben!
Da hätten wir doch beinahe mitten auf diesem Ozean eine Tonne geküsst! Unglaublich, unheimlich und gut hatten wir unseren Schutzengel dabei!

Nun bleiben wir die nächsten zwei Wochen hier,  schauen uns die hübsche Insel an und geniessen noch das warme und trockene Klima (Luft 25°, Wasser 23°). Alles wirkt sehr gepflegt und einmal mehr fällt uns auf den ehemals britischen Inseln der extrem freundliche und höfliche Alltagsumgang der Leute miteinander auf.

Hier ein paar Fotos von unserem ersten Landgang auf Bermuda:

enge Einfahrt in den Hafen
Hafeneinfahrt nach St. George's Town
St. George's Town Harbour


St. George's Town









Wir lassen weiter hören, bevor es dann zum nächsten langen Schlag in den (hoffentlich frühsommerlichen) Norden nach Maine in die USA losgeht.