Die Atlantikrunde ist vollbracht und wir sind nach knapp
zwei Jahren zurück in Muxia, diesem kleinen gemütlichen Fischerdort etwas
nördlich vom Kap Finisterre in Nordspanien.
Also das allerschönste beim Segeln ist das fantastische
Gefühl des Landfalls – von der weiten, blauen Wüste kommend, dieser für den
Menschen eigentlich unwirtlichen, wenn auch urschönen Gegend zurück zu kehren,
sich dem Land und heute war’s immerhin die riesige Landmasse Europas, zu
nähern, langsam die Umrisse der kargen Küste zu sehen, das sehnsüchtige Warten
während des bedächtigen Näherns, immer klarer die Zeichen von Zivilisation, den
Leuchtturm, Gebäude, Windstromanlagen, die Hafenmole, die Hafeneinfahrt,
Menschen zu sehen und all das im strahlenden, goldenen Licht vor
Sonnenuntergang – einfach absolut wunderbar!
Land in Sicht! |
Die Kirche von Muxia |
Sven bereitet die Leinen für den Hafen vor |
müde aber bald geschafft |
150 Seemeilen vor dem Kap Ortegal erreicht uns nach einem
Tag Flaute zunehmender Ostnordost Wind – also genau auf die Nase! Herrje und
dabei haben die Wetterprognosten diesen erst vor wenigen Stunden aus dem Hut
und uns durchs Äther gezaubert! Und so kam alles anders als erwartet oder, wie
Gerda immer sagt: Abgerechnet wird im Hafen!
Die letzten 30 Stunden sind hartes Segeln oder „U-Boot
fahren“ wie Gunther dies benennt. Gegen Wind, durch Wellen und Strom kämpft sich
Safari Njema bei bis zu 35 Knoten Windstärke nach Europa. An unserem Ziel das
Kap Ortegal zu runden oder la Coruna zu erreichen können wir nicht festhalten –
Planänderung – gut kennen wir die Küste und sichere Häfen. Die Bedingungen zwingen
uns klein bei zu geben und bald heisst das schlichte Ziel, Schiff und Crew sicher und ohne Schäden in den Hafen zu
bringen. Wir müssen nach Südost weichen und dabei auf den letzten 60 Seemeilen
die Separated Traffic Zone überqueren oder übersetzt für Landlubbers: die
Autobahn für die Grossschifffahrt. Diese ist eine imaginäre Zone durch welche
die Frachter richtungs getrennt entlang der spanischen Küste geleitet werden.
Die Traffic Zone ist für uns kleine Schiffe eigentlich
gesperrt, ausser man muss sie queren, um zur Küste zu gelangen, dann aber
möglichst in einem 90 Grad Winkel, also auf dem kürzest und schnellst möglichen
Weg. Haha, und nun stelle man sich Safari Njema auf dieser „Autobahn“ vor,
zwischen den Wellenbergen stampfend und schnaubend hart am Wind bei 20 bis 35
Knoten Wind stark gerefft segelnd, zusätzlich gebremst von einem Gegenstrom von
1 Knoten … das macht dann noch 4 Knoten Geschwindigkeit bestenfalls oder rund 6
Stunden in dieser Traffic Zone.
Auf unserer AIS Liste zählen wir einmal 45 Tanker und
Frachter um uns herum. Nur Wenigen davon stehen wir wirklich im Wege, doch
trotzdem eine unangenehme Situation. Weder die Frachtschiffe, bedingt durch ihre
immense Grösse, noch wir, bedingt durch unsere limitierte Geschwindigkeit und
den aktuell harten Bedingungen, können auf kurze Distanz gut ausweichen. Also
funken wir potentielle Kollisionspartner an und geben unser Position bekannt.
Die Schiffe können uns zwischen den Wellen und in der Nacht auch auf Sichtweite
kaum sehen, nehmen uns aber auf Radar wahr. Ausnahmslos alle dicken Pöte
reagieren super freundlich, nehmen Rücksicht und ändern ihren Kurs, damit wir
tapfer auf unserem Weg weiter Achtibahn fahren können. Der eine oder andere hat
sich wohl gedacht, was diese crazy sailors bei diesem Wind in diese Richtung
gerade hier zu suchen haben?
Und gerade in dieser Traffic Zone und mitten in der Nacht
reissen die Schoten des Trinquette Segels! Nicht dass wir gerade geschlafen
hätten, daran war in diesem Schüttelbecher, dem immensen Lärmpegel des
schwerarbeitenden Bootes, dem Heulen des Windes und Rauschen des Wassers und
dem regelmässig piependen Radar Alarm eh nicht zu denken. Nein, aber es
bedeutet, dass Sven auf dem wild stampfenden Schiff aufs Vordeck muss,
natürlich von mehreren Wellen eine Volldusche kriegt, die wild schlagenden
Leinenenden kappen, die neuen Schoten anbändseln, einfädeln und zurück ins
Cockpit führen muss. Während dessen hält Gerda das Schiff auf Kurs, versucht
den schlimmeren Brechern auszuweichen, behält Sven im Auge und die Tanker
auf Distanz. Und dann macht sich auch noch der Running Back Stag frei, schletzt
wild wie eine Peitsche übers Cockpit und Heck und - fast – in den Windstrompropeller,
bevor Gerda ihn bändigen und wieder zur Unterstützung der Mast Abspannung
festzurren kann. So, genug
Räubergeschichten …
Alle Stunts gut gelaufen, die grossen Pöte verjagt und
irgendwann kommt man immer an und endlich, im Lee der Küste gibt der Wind ab
und wir laufen in den Ria (span. Fjord) von Camarina zum kleinen Fischerdorf
Muxia ein.
Der Marinero freut sich mit uns über die vollendete
Atlantiküberquerung, macht ein Foto von uns in der untergehenden Sonne und
schenkt uns eine Flasche Spritzwein zum Feiern!
Horta verlassen wir bei Nebel |
1 der 9 tollen Sonnenuntergänge |
Vorspeise mit der letzten verbliebenen Tomate |
Sünnele wie beim Skifahren auf der Rest. Milez Terrasse |
gut gesegelt, Käpt'n Sven |